Roederer

Das Haus Louis Roederer genießt seit jeher den Ruf gleich bleibend hoher Qualität. Es gilt zudem als eines der größten und finanziell stärksten Champagner-Häuser. Louis Roederer befindet sich im Privatbesitz und verfügt über ca. 180 ha Weinberge in strategisch besten Lagen mit einer durchschnittlichen Qualitätsbewertung von 98% (wovon ca. 130 ha als 100% gelten).

Mit dieser bemerkenswerten Grundlage eigener Reben kann das Haus Roederer den Bedarf für über 2 Mio. Flaschen pro Jahr zu 70 bis 80% selbst decken und ist darüber hinaus in der Lage, einen gleich bleibend hohen Qualitätsstandard zu erzielen.

Zudem besteht Roederer auf eine lange Lagerung ihrer Reserveweine (sortiert nach Cru) in großen Limousin-Eichenfässern (sogenannte Foudres, welche je 4.000-5.000 Liter Wein fassen) und in ca. 240 Edelstahltanks (je 9.960 Liter – ebenfalls nach Cru sortiert). Diese großen Eichenfässer sind bis zu 60 Jahre lang im Einsatz.

Besondere Beachtung findet bei Roederer die endgültige Dosage der Reserveweine. Obwohl es sich bei der Dosage nur um eine winzige Menge an Wein handelt, kann diese kleine Zugabe besonderen Weines schon bei 1% Anteil den Geschmack eines Champagners nachhaltig beeinflussen. Der hohen Kunst der Assemblage wird bei Roederer somit bis ins letzte Detail der Herstellung, der Dosage, größte Bedeutung zugemessen.

Den Champagnern ohne Jahrgang kommen großzügige drei bis vier Jahre Lagerung in den Flaschen zugute. Jahrgangs-Champagner wiederum genießen mindestens fünf bis sechs Jahre Lagerung. Zusätzlich kommen bei Roederer-Champagnern ca. sechs Monate ‚Flaschenruhe‘ nach dem Degorgieren hinzu. Durchschnittlich ruhen ca. 6 Mio. Flaschen Champagner gemächlich auf der Hefe in den kühlen Kellern des Hauses. Dies trägt zu einer Reihe außerordentlich guter Champagner bei – vom jahrgangslosen Brut Premier bis hin zum berühmten Prestige Cuvée Cristal.

Das Haus Louis Roederer ist tief in der Geschichte der Champagne verwurzelt:

Obwohl als offizielles Jahr der Gründung 1776 angegeben wird, merkt der Autor und Historiker Tom Stevenson an, dass der Ursprung bereits 1760 in einem Champagner-Hause namens Dubois Père et Fils zu finden sein könnte, welches später in den Besitz eines Nicolas-Henri Schreider gelangte.

Herr Schreider stellte im Jahre 1827 seinen tüchtigen Neffen Louis Roederer (1798-1870) in seinem Unternehmen ein. Als Schreider sechs Jahre später verstarb, benannte Louis Roederer das Haus in Roederer um. Bald darauf gelang es ihm, neue Märkte in Amerika und England zu erschließen. Auch den russischen Zaren Alexander I. konnte er für seine vorzüglichen Champagner begeistern. Der damalige Champagner war für unseren heutigen Geschmack sehr süß, aber der Zar bevorzugte Champagner mit sage und schreibe sechs mal mehr Zucker als heute üblich.

Nach Roederers Tod übernahm sein Sohn Louis Roederer II. im Jahre 1870 die Leitung des inzwischen stark expandierten Unternehmens. Auch Alexander II. war von Roederer-Champagnern begeistert. Der Kellermeister des Zaren reiste jedes Jahr nach Reims, um die Herstellung der besonderen Champagner für den Zaren zu beobachten. Gleichzeitig wurde es in Russland politisch zunehmend schwieriger für die Zarenfamilie. Attentate auf Mitglieder der Zarenfamilie und auf den Adel häuften sich in Russland.

Dies könnte dazu beigetragen haben, dass der Kellermeister des Zaren einer durchsichtigen Champagner-Flasche des Hauses Mercier, ursprünglich von Eugene Mercier eigens für Napoleon III. für einen besonderen Wein entworfen (Réserve de l’Empereur Blanche), besondere Beachtung schenkte. Der Zar wäre durch Verwendung einer solchen Flasche in der Lage, den Inhalt der Flasche optisch zu begutachten und so mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einem Attentat durch vergifteten Champagner entgehen.

1876 lieferte das Haus Louis Roederer dem Zaren erstmals Champagner in diesen besonderen Flaschen aus klarem Kristall-Glas und mit flachem Boden (das traditionsbewusste Haus Roederer pflegt die berühmten Cristal-Champagner noch heute in durchsichtigen Flaschen ohne Einbuchtung am Boden auszuliefern).

Ohnehin benötigt eine aus robustem Kristallglas gefertigte Champagnerflasche keine typische Einbuchtung (bzw. den Einzug unten am Boden) einer konventionellen Champagner-Flasche, die die Aufgabe hat, die Flasche zu stärken und die zum Stapeln sur pointes (auf den Spitzen) notwendig ist. Es hält sich zudem auch das alte Gerücht, dass beim königlichen Hof in Russland die Sorge bestand, die Einbuchtung hätte womöglich zum Verbergen eines kleinen Sprengsatzes dienen können. Der Champagner in den neuen Kristall-Flaschen von Louis Roederer wurde vom Zarenhof begeistert angenommen. Er entwickelte sich zu einem Verkaufsschlager, welcher erst lange später, kurz nach der Oktober-Revolution in Russland (1917) sein abruptes Ende finden sollte.

Louis Roederer II. starb unerwartet im Jahre 1880. Seine Schwester Léonie Orly übernahm die Leitung, bis sie acht Jahre später selbst verstarb. Auf ihrem Sterbebett bat sie ihre beiden Söhne, Léon Orly und Louis-Victor Orly, ihren Namen den Nachnamen Roederer hinzuzufügen. Das Haus Louis Roederer lieferte zu dieser Zeit bereits 2,5 Mio. Flaschen Champagner pro Jahr aus. Nicht nur nach Russland, sondern auch in die USA: Roederer war damals der drittgrößte Champagner-Exporteur für die USA.

1917 kam es zu einer wirtschaftlichen Krise für das Haus Louis Roederer: Es verlor durch die russische Revolution auf einen Schlag 80% des russischen Marktes. Hinzu kam, dass das damalige neue Regime in Russland kein Interesse an der Begleichung einer großen Rechnung des Zaren bei Roederer hatte. Was diesen unangenehmen geschäftlichen Umstand für das Haus Roederer noch bedrohlicher machte, war ein verbleibender riesiger Lagerbestand von extrem stark gesüßtem Champagner, für welche sich nun keine Kunden finden ließen. Letztlich konnte das Haus eine riesige Ladung dieser süßen, eigentlich für den Zarenhof produzierten Champagner, dann doch noch nach Südamerika verkauft werden.

1932 starb Léon Orly-Roederer. Seine Witwe Camille Orly-Roederer nahm für die nächsten 42 Jahre die Zügel des Hauses Louis Roederer in die Hand. Ihre Strebsamkeit und ihr cleveres Marketing erweiterte bestehende Marktanteile, erschloss immer wieder neue internationale Märkte für die Champagner des Hauses Roederer und erweiterte in den 30er Jahren den Weinberg-Besitz des Hauses.

Die geschäftstüchtige Witwe Orly-Roederer wird heute historisch im selben Atemzug mit den berühmten Witwen Clicquot und Bollinger erwähnt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der berühmte Prestige Cuvée Cristal – Champagner wieder eingeführt, jedoch blieb diesem fantastischen Cuvee nun die enorme Versüßung, wie damals für den Zaren, erspart.

1975 starb Madame Orly-Roederer und hinterließ das Champagnerhaus ihrer Tochter, Madame Marcelle Rouzaud
und ihrem Sohn Jean-Claude Rouzaud, welcher bis heute das Unternehmen erfolgreich weiterführt.

Jean-Claude Rouzaud gilt schon lange als ein Perfektionist, wenn es um die Champagner seines Hauses geht. Sein Leitsatz dürfte ohne jeden Zweifel ‚Qualität vor Quantität‘ sein. Als ausgebildeter Önologe verzichtete er beispielsweise bewusst auf gewisse Düngungsmethoden seiner Weinberge, welche weitaus höheren Ertrag bewirken würden und somit mehr Champagner hervorgebracht hätten.

Das harte Terroir der Champagne lässt die Rebstöcke seit jeher leiden: Die Rebstöcke mussten sich mit ihrem Wurzelwerk schon immer hart voran arbeiten, was jedoch gerade den einzigartigen Geschmack ihres goldenen Blutes bedingt. Mehr Dünger ergibt zwar mehr Rebenquantität, aber die geschmacklichen Qualitäten der Reben verändern sich im selben Zug. Zudem wahrt Jean-Claude Rouzaud eine schwierige Balance zwischen seinen enormen Reserven lange gelagerter Weine und den hinzukommenden jungen Weinen, um immer über die volle Kontrolle beim sachgerechten Verschnitt zukünftiger Champagner zu verfügen. Jean-Claude Rouzaud hat auch für die zusätzliche Erweiterung der Weinbergsgüter des Hauses Roederer in der Champagne gesorgt und zudem auch Weinberge in Australien, Portugal und im nördlichen Kalifornien aufgekauft. Im Anderson Valley in Kalifornien z.B. hat Roederer bereits fantastische Schaumweine mit Namen Roederer Estate Brut Anderson Valley L’Ermitage hervorgebracht und Weinliebhaber in Amerika in anerkennendes Staunen versetzt. Sein Sohn Frédéric, nunmehr die sechste Generation der Familie, wirkt bereits seit 1996 tatkräftig im Unternehmen mit.

Roederer stellt verschiedene Champagner her, welche jeweils ihre ganz eigene Identität haben. Allgemein gelten die Champagner des Hauses unter Kennern als besonders fruchtig und körperreich mit einem großen Spektrum aromatischer Feinheiten. Die großzügige Bereicherung der Verschnitte mit kostbaren Reserveweinen aus Roederers großen Holzfässern verleiht zusätzliche Vanille- und Honignoten.

Roederer-Champagner haben außerdem den Ruf, sich im Gegensatz zu vielen anderen Champagnern besonders lange nach dem Kauf (sachgerecht) lagern zu lassen. Viele Kenner sprechen ihnen ein vorteilhaftes Reifepotential zu. Manche Kenner scheuen sich nicht, bei bestimmten Roederer-Champagnern bis zu 15 Jahre Lagerung vorzuschlagen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass lagerungsfähige Champagner dadurch in jedem Falle ‚besser‘ werden, sondern eher, dass Champagner dieser Art mit den Jahren der Lagerung erfreuliche neue Seiten ihrer Persönlichkeit entwickeln, während sich manche andere Seiten etwas zurück bilden, ohne dabei jedoch den grundsätzlichen Charakter des Champagners zu verändern.

Das ‚Flaggschiff‘ des Hauses stellt der Louis Roederer Brut Premier dar. Hier handelt es sich um einen jahrgangslosen Spitzenchampagner. Er wird aus ca. 62 – 65% Pinot-Noir, ca. 8% Pinot Meunier und ca. 30% Chardonnay gewonnen. Die Assemblage enthält bis zu 20% alte Reserveweine.
Dieser Champagner lagert bis zu vier Jahre auf der Hefe und zeichnet sich (dank der reichhaltig vertretenen Pinot-Noir-Reben) als besonders fruchtig und körperreich aus. Zusätzlich gewinnt er durch den Verschnitt mit älteren, in Eichenfässern gelagerten Reserveweinen angenehme Vanille-Nuancen. Dieser Champagner passt zu jeder Gelegenheit, sei es als vortrefflicher Aperitif oder als edler Begleiter eines kompletten Menus.

Der Louis Roederer Carte Blanche ist ein Demi-Sec-Champagner, also ein Champagner, welcher sich ideal zu einer Nachspeise eignet. Grundsätzlich stellt er ebenfalls einen fruchtigen Brut Premier dar, jedoch mit weit höherer Restsüße. Obwohl er als einer der besten Demi-Sec-Champagner gilt, ist die Produktionsmenge dieses Champagners verhältnismäßig klein (und daher eher selten im Weinhandel anzutreffen).

Der Jahrgangs-Champagner des Hauses ist als Louis Roederer Brut Vintage (Milléssimé) bekannt. Hier handelt es sich bei den verwendeten Rebsorten um ca. 66% Pinot-Noir und ca. 34% Chardonnay. Den Jahrgangs-Champagnern kommen mindesten fünf bis sechs Jahre Lagerung in den kühlen Kellern des Hauses Roederer zugute. Der Vintage Brut 1990 gilt als herausragend. Der 1993er-Jahrgang wurde anfangs von manchem Kenner als noch lagerbedürftig eingestuft, überzeugt inzwischen jedoch ohne jeden Zweifel als vorzüglicher Jahrgangs-Champagner. Üppig in der Frucht mit blumigen Noten, ausgeprägter Struktur und zuverlässig körperreich stellen die Louis Roederer Jahrgangs-Champagner eine genussreiche Wahl für Champagner-Liebhaber dar.

Beim Louis Roederer Blanc de Blancs spielt das Haus eine ihrer Trumpfkarten aus: ihre vortreffliche ‚Connection‘ mit zahllosen Chardonnay-Rebstöcken in absolut besten Lagen der Côte de Blancs (darunter 30 ha eigene Weinberge um das berühmte Avize und exklusive Verträge für Weinberge um Cramant)! Hierbei handelt es sich ebenfalls um Jahrgangs-Champagner (Milléssimé). Alle sind sehr körperreich und eignen sich als reicher, kräftiger und fruchtiger (teilweise mit Zitrus- und Melonennoten) Begleiter zu fast jedem Gericht.

Der Louis Roederer Vintage Brut Rosé (Milléssimé) stellt einen Jahrgangs-Champagner dar, welcher aus ca. 70 – 80% Pinot-Noir und ca. 20 – 30% Chardonnay hergestellt wird. Auch hierbei handelt es sich um einen Jahrgangs-Champagner. Hinter der sanften, hellen Lachsfarbe verbirgt sich ein ernstzunehmender Champagner mit der intensiven Frucht, welche nur beste Pinot-Noir-Reben liefern, und gleichzeitig beflügelt durch die Eleganz des Chardonnay. Die Farbe wird durch die traditionelle Maceration bzw. dem gekonnten Maischen mit der Schale der schwarzen Pinot-Noir-Reben erreicht.

Womit wir nun beim berühmten Louis Roederer Cristal angelangt wären:

Der Cristal war schon zu Zeiten russischer Zaren ein sehr begehrter Cuvée. Dem gleichnamigen Prestige Cuvée von heute kommt bei der Herstellung dieselbe Sorgfalt des Hauses Roederer zugute wie schon zu früheren Zeiten (der Autor vermutet sogar mehr Sorgfalt für uns Liebhaber von heute als für die Zaren damals!). Bei Cristal-Champagnern handelt es sich um einen Jahrgangs-Champagner, der aus ca. 50 – 60% Pinot-Noir und ca. 40 – 50% Chardonnay gewonnen wird. Das Haus Roederer nutzt nur erlesenste Weine aus eigenen Crus für diesen Spitzenchampagner.

Nachdem Jean-Claude Rouzaud und seine renommierten Kellermeister, z.B. Jean Baptiste Lécaillon, einen Champagner dieser Art mit vortrefflicher Assemblage geschaffen haben, diesem Champagner lange Lagerung im Hause haben angedeihen lassen und ihn letztendlich zur Auslieferung gebracht haben, finden sich sofort Liebhaber, um diesen Champagner -oftmals gebettet in einer Schatulle aus edlem Holz- zu erwerben. Die durchsichtigen Flaschen sind zudem mit besonderem gelbem Zellophan umhüllt, welches bis zu 98% der (für einen Champagner schädlichen) ultravioletten Strahlung aus Neonbeleuchtung oder Sonnenlicht absorbiert (dieser Zellophan-Schutz sollte bei der Lagerung nicht entfernt werden!). Preisnachlässe gelten als sehr selten bei den Händlern, da Cristal ohnehin sehr knapp und die Nachfrage groß ist. Die Reben für Cristal stammen ausnahmslos aus eigenen Weinbergen des Hauses Roederer. Alle Jahrgänge sind herausragend gut und gleichzeitig von der Persönlichkeit her etwas unterschiedlich. Beispielsweise tritt Cristal 1990 dem Genießer als ein sehr reicher Champagner entgegen, während Cristal 1993 im direkten Vergleich viel sanfter wirkt. Beide überzeugen jedoch mit eleganter Seidigkeit, einem besonders feinen Ausdruck von Frucht und einem Hauch von Toastgeschmack.

Der Cristal Rosé Milléssimé ist eine große Seltenheit und wird von manchem Kenner als der beste Rosé-Champagner überhaupt eingestuft. Er wurde erstmals mit dem Jahrgang 1974 vorgestellt. Gefärbt wird er durch traditionelles Maischen mit den Schalen dunkler Reben. Die vertretenen Rebsorten stellen ca. 70% Pinot-Noir und ca. 30% Chardonnay dar. Der Jahrgang 1988 gilt als außerordentlich lagerungsfähig, sehr kostbar und betört Kenner mit seiner unvergleichlichen Schönheit noch heute.

Kennt man nun den komplexen und teueren Werdegang der Champagner des Hauses Louis Roederer, so könnte man vermuten, dass sie für ’normalsterbliche‘ Champagner-Fans (zu denen sich der Autor dieses Berichtes selbst zählt) unerschwinglich sein müssen. Dem ist jedoch erfreulicherweise nicht so. Die herrlichen Roederer Brut Premier Champagner z.B. passen in jedes Budget. Besonderheiten wie etwa Cristal sind natürlich wesentlich teuerer, jedoch ein Zar zu sein, ist heutzutage keine Voraussetzung mehr, um in den Genuss auch dieses Spitzenchampagners zu kommen.

hu_HUMagyar