Kohlensäure

In der Umgangssprache wird das Kohlendioxyd (CO2) im Schaumwein gemeinhin als Kohlensäure (H2CO3) bezeichnet, obwohl nur ein verhältnismässig kleiner Anteil des physikalisch im Wein gelösten Kohlendioxyd (CO2 )sich mit dem Wasser tatsächlich ‚verheiratet‘ bzw. eigentliche Kohlensäure (H2CO3) bedingt.

Wie die Bezeichnung vermuten lässt, wirkt Kohlensäure leicht sauer. Dies wiederum beeinflusst die empfundene Süße eines Schaumweines (die staatlich erlaubten Grenzen der Restzuckerwerte können daher durch den verhältnismäßig hohen Kohlensäure-Gehalt bei Schaumweinen höher liegen).

Kohlensäure betont zudem manche geschmacklichen Komponenten eines Weines wie z.B. Säuren und Tannine. Viele Kenner vermeiden auch aus diesem Grund im Vorfeld oder während einer Degustation den Genuss gewisser Mineralwasser, weil sie einerseits oft nicht geschmacksneutral sind (Mineralstoffe) und andererseits mehr oder weniger Kohlensäure enthalten. Die Kohlensäure beeinflusst folglich die geschmackliche Wahrnehmung des verkosteten Weines. Der Wein könnte somit z.B. herber oder säurebetonter wirken als er vom Säuregehalt her tatsächlich ist. Folglich werden oft Mineralwasser mit minimaler (oder keiner) Kohlensäure und gleichzeitig schwach mineralisiert (weniger als 500 Milligramm Mineralstoffen pro Liter) bevorzugt. Viele Weinliebhaber halten sich auch einfach an geschmacksneutrales Leitungswasser vor/während einer Verkostung. Wie geschmacklich ausschlaggebend CO2 und Kohlensäure wirkt, veranschaulicht das Probieren von Schaumweinen (oder gar einer ‚Cola‘) nach dem Öffnen ein paar Tage später ohne Kohlensäure. Die Kohlensäure baut sich schnell wieder ab. Sobald der Schaumwein schal (abgelebt, tot, passé, ‚flat’…) ist, wirkt er (mitunter erheblich) süsser.

Laut einer Studie der Universität Surrey in Guildford, Großbritannien soll Kohlensäure/CO2 zum Anteil an der Alkoholkonzentration im Blut beitragen (siehe Verlinkungen unten). Der einen Testgruppe wurde schaler Champagner serviert. Nach fünf Minuten hatte die Gruppe mit ordentlichem Champagner 0,54 Promille, die Testgruppe mit dem abgelebten Champagner lediglich 0,39 Promille.

CO2-Gehalt entsteht bei Schaumweinen primär durch drei Verfahren:
1. Durch Imprägnierung bzw. dem Zusatz von (fremdem) CO2-Gas.
2. Durch die erste Gärung, wobei beim An- oder Vergären von Most entstandenes CO2 nur zum Teil oder ganz in Edelstahltanks gehalten wird.
3. Durch eine zweite Gärung, wobei durch erneutes Vergären ein bereits vergorener Stillwein mittels einer zweiter Gärung in der Flasche (Flaschengärung) oder im Edelstahltank (Großraumgärung) zu Schaumwein wird.

Beim Champagner (nur reine Flaschengärung gestattet) vollzieht sich der Vorgang wie folgt:

Nach dem Verschnitt wird dem Wein eine Mischung aus Wein, Zucker und Hefe zugesetzt, bevor er für die zweite Gärung in Flaschen abgefüllt wird. Diese Fülldosage („liqueur de tirage“, nicht zu verwechseln mit der erst vor dem endgültigen Verkorken vorgenommenen Dosage, dem „liqueur d’expedition“) entscheidet wesentlich über die Erzielung des richtigen Kohlensäuregehaltes des Endproduktes. Innerhalb von etwa sieben Wochen ist die Entwicklung der Kohlensäure/CO2 vollendet. Ein typischer Champagner (oder Sekt) begegnet uns somit mit ca. 5-6 bar Überdruck, durch welchen viel CO2 (ca. 9 Gramm pro Liter) in seiner wasserlösslichen Form beibehalten werden kann. Ebenso löst sich das CO2 vorteilhafter im kühlen Wein und lässt sich in der Form H2CO3 länger halten (ein Grund, warum Champagner kühl serviert werden sollte). An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass der Brauch des Silberlöffels im Flaschenhals einer angebrochenen Flasche im Kühlschrank wenig bis nichts an Vorteilen im Sinne der Wahrung der kostbaren Perlen bietet. Die Vorteile des Silberlöffels als Wärmeleiter sind belanglos. Eine Studie der Zeitschrift ‚New Scientist‘ prüfte dies mit zwei angebrochenen Champagnern (einmal mit, einmal ohne Löffel). Die wahrgenommene Kohlensäure/CO2 war an folgenden Tagen bei beiden Flaschen exakt gleich. Erst nach mehr als vier Tagen waren beide Champagner völlig schal bzw. ‚flat‘.

de_DEDeutsch