Bollinger

Das Champagner-Haus Bollinger zeichnet sich seit jeher nicht nur durch Champagner bester Qualität aus, sondern auch durch den Ruf einer unverfälschten Ethik und Traditionsverbundenheit. Zudem war und ist Bollinger, im Gegensatz zu vielen anderen prominenten Häusern, welche inzwischen zu großen Konzernen gehören, unabhängig und selbstbestimmend im Familienbesitz.

Das Unternehmen besitzt ca. 152 Hektar Weinberge in den besten Crus, u.a. um Aÿ, Bouzy und Verzenay. 60% seiner Weinberge gelten als Grand Cru und weitere 30% als Premiere Cru. Bollinger ist somit – im Gegensatz zu vielen anderen Winzern- in der beneidenswerten Lage, mehr als zwei Drittel bester Reben für die Produktion der 1.5 Mio. Flaschen/Jahr aus seinen eigenen Weinbergen zu gewinnen.

Der Schwerpunkt liegt bei den hochwertigen Pinot-Noir-Reben, wobei nur der Most der ersten Pressung (Cuvée) für Bollingers Champagner verwertet wird. Der Most der zweiten Pressung (Taille) wird an andere Winzer verkauft. Nur bei der Chardonnay-Rebe wird bei den besten Jahrgängen mitunter auch Taille verwertet. Die erste Gärung der Weine, sortiert nach Cru, findet in Barriques und Edelstahl-Tanks statt.

Sogar ein echter Küfer befindet sich unter den Angestellten des Hauses Bollinger. Zum Handwerk des Küfers gehört es auch, die Besonderheiten der verwerteten Hölzer genauestens zu kennen: „Eiche ist nicht gleich Eiche“. Beispielsweise verleiht Eichenholz aus der Gegend um Limousin einem Wein beim Ausbau andere Geschmacksnoten als etwa Eichenholz aus der Gegend um Nevers. Zudem ist die sachgerechte Pflege der Eichenfässer vor wie nach dem Gebrauch ein aufwändiges Unterfangen.

Reserveweine dagegen werden nicht in großen Fässern, sondern, sortiert nach Cru und Jahrgang, in einzelnen Magnum Flaschen unter leichtem Druck verkorkt gelagert.

Des weiteren besteht Bollinger darauf, dass ein guter Champagner nach der zweiten Gärung besonders lange auf der Hefe in den Flaschen ruhen soll. Während bei Champagnern ohne Jahrgang in vielen anderen Häusern 15 Monateüblich sind, ruht der Champagner ohne Jahrgang bei Bollinger mindestens drei Jahre. Jahrgangs-Champagner lagern mindestens fünf bis acht Jahre auf der Hefe, tief in den kühlen Kellern des Hauses.

Das Zusammenspiel erstklassiger Trauben mit äußerst aufwändiger Kellertechnik bringt geschmacklich sehr komplexe Bollinger-Champagner hervor, welche bei internationalen Degustationen regelmäßig sehr hoch punkten. Die Herstellung von Champagner war und ist ohnehin ein aufwändiges, mühseliges und teueres Unterfangen für alle Winzer in der Champagne. Es gibt nur wenige Häuser wie Bollinger, die noch einen Schritt weiter gehen und sich selbst zusätzliche Arbeit, strenge Regeln und hohe Kosten auferlegen.

Bollinger bietet Liebhabern eine interessante Auswahl an verschiedenen Champagnern:

ImageDie Special Cuvée repräsentieren die traditionelle Geschmacksrichtung des Hauses. Sie werden malolaktisch in Edelstahltanks vergoren. Überwiegend aus den Reben der Grand Cru und Premier Cru bestehend, enthalten sie im gekonnten Verschnitt bis zu 10 Jahre alte Weine, welche in Eichenfässern und/oder Magnumflaschen gelagert wurden. Bei diesen Champagnern ohne Jahrgang handelt es sich in der Traubenmischung um 60% Pinot Noir, 25% Chardonnay und 15% Pinot Meunier. Nach der zweiten Gärung ruhen diese mindestens drei Jahre lang auf der Hefe. Die Special Cuvée sind kraftvolle, körperreiche Champagner mit besonderen Fruchtnoten und langem Abgang. Sie eignen sich hervorragend zu jedem Essen.

Bei besonders guten Jahrgängen bringt Bollinger einen Jahrgangs-Champagner namens Grande Année hervor. Dieser Champagner ruht nach der zweiten Gärung in den Flaschen noch mindestens fünf Jahre lang auf der Hefe.

Der Grande Année Rosé ist ein Jahrgangs-Champagner, dem ein wenig stiller Rotwein aus Weinbergen um Aÿ zugefügt wurde. Das ruft bei diesem Champagner eine zarte Rosa-Farbe hervor. Außerdem gewinnt der Rosé durch diesen besonderen Verschnitt zusätzliche sanfte Frucht-Aromen und mehr Körper.

ImageEine Besonderheit des Hauses Bollinger stellt der sogenannte R.D. Champagner dar. In die Produktpalette eingeführt um 1960 vom ehemaligen Leiter des Hauses Bollinger, Christian Bizot (1928-2002), handelt es sich hier um einen Jahrgangs-Champagner, der von mindestens acht Jahren sachgerechter Lagerung auf der Hefe profitierte, jedoch erst ‚Recently Disgorged‘ (R.D.) bzw. erst vor kurzem degorgiert wurde. Das Datum der Degorgierung wird auf einem Etikett auf der Rückseite der Flasche vermerkt. Diese R.D.-Champagner weisen zusätzliche Aromen und geschmacklich eine gewisse Jugend auf – trotz ihres Alters.

ImageEine Seltenheit stellen die Champagner der Bollinger Vieilles Vignes Françaises (alte französische Rebstöcke) dar. Bollinger besitzt drei kleine Parzellen um Aÿ, wo noch sehr seltene, originale Pinot-Noir-Rebstöcke wachsen, welche die vernichtende Phylloxera-Plage überlebten. Sie werden noch genau wie früher zu Zeiten des Mönches Frère Oudart angebaut (diese Anbauart wird als en foule bezeichnet) und mit traditionellem Werkzeug gepflegt. Es handelt sich quasi um die Entwicklung einer besonderen Art ‚Ur-Champagner‘, welcher nur als Jahrgangs-Champagner erzeugt wird. 1975 stellte Bollinger der Welt erstmals einen Vieilles Vignes Françaises Jahrgangs-Champagner 1969s vor.

Da Champagner nach langer Lagerung beim Degorgieren einen leichten Schock erleiden, lagert Bollinger seine Champagner nach der endgültigen Verkorkung mindestens weitere drei Monate. Erst dann werden sie ausgeliefert.

Geschichtlich ist das renommierte Haus Bollinger hoch interessant für Historiker, da seine Wurzeln tief in der Historie der Champagne verankert sind. Der britische Autor Cyril Ray veröffentlichte ein umfangreiches Werk namens ‚Bollinger‘. Wer sich dieses Buch zu Gemüte führt, bemerkt schnell, wie eng der Aufstieg des Hauses Bollinger mit der bewegten Geschichte der Champagne verwebt ist.

Der eigentliche Ursprung des Hauses Bollinger befindet sich tief in der Geschichte der Champagne um 1600 bei einer adligen Familie namens de Villermont. Vormals ansässig in der Gegend um Troyes, der damaligen Hauptstadt des Gebietes Champagne, zog das Haus de Villermont später in die Weingegend um Chalons an der Marne. Im Lauf der Jahre vermehrte sich ihr Grundbesitz (u.a. durch Heirat mit anderen adligen Familien der Gegend).

ImageAls ein Athanase-Louis-Emmanuel de Villermont (1763-1840) das Licht der Welt erblickte, war die Familie de Villermont bereits ein angesehener Eigentümer kostbarster Weinberge um Aÿ, Bouzy, Cuis und Verzenay. Athanase-Louis-Emmanuel war der jüngere Sohn der Familie und wurde nicht als künftiger Landeigentümer gehandelt, sondern war stattdessen für eine Karriere in der französischen Marine bestimmt. Zu dieser Zeit tobte der Kampf um die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten gegen die Engländer. Frankreich schlug sich auf die Seite der Vereinigten Staaten. Als Offizier erlebte Athanase-Louis-Emmanuel nicht nur die grausamen Fieber, das die Besatzungen der Schiffe dahinraffte, sondern auch Seeschlachten gegen England vor der Ostküste Nordamerikas. Auf der Seite der Landtruppen amerikanischer Legenden wie Washington und Lafayette unterstützte er den Freiheitskampf der Amerikaner. Er war z.B. dabei, als der Admiral de Grasse der Flotte der Engländer an der Mündung der Chesapeake Bay eine Niederlage beibrachte. Als er nach Frankreich zurückkehrte, wirkte er kurzzeitig in der königlichen Artillerie, kehrte jedoch zur See zurück. Diesmal diente er jedoch der russischen Marine als Kapitän. Der Autor Cyril Ray merkt dazu an, dass diese Karriere-Entscheidung sich mehr als zwanzig Jahre danach als sehr vorteilhaft erwies, nämlich als die russischen Armee Napoleon 1814 bis nach Frankreich verfolgte. Die russische Armee zeigte sich für seinen damaligen Dienst in der russischen Marine erkenntlich, indem sie zumindest Aÿ unversehrt liess. Später, nach seinem Dienst in der französischen Marine-Akademie Angoulême, wurde Athanase-Louis-Emmanuel in den Admirals-Rang erhoben und kehrte daraufhin zurück zu seinen mittlerweile pflegebedürftigen Weinbergen und anderweitigen Gütern. Es mangelte jedoch an Finanzen. Problematisch für den Adel war zudem der offene Handel.

Mittlerweile gab es einen fähigen jungen Mann namens Joseph-Jacob-Placide Bollinger (1803-1884) im Weinhandel. Er stammte aus dem damaligen Königreich Würtemberg (Ellwangen) und stammte ebenfalls aus dem Adel. Er hatte zwar keine eigenen Weinberge, aber der Handel mit Wein reizte ihn schon in jungen Jahren. Mit 19 Jahren entschied er sich im Jahre 1822, sich der damals jungen Firma Müller-Ruinart anzuschließen (der Inhaber war übrigens derselbe bayerische Emigrant Anton Müller, welcher gemeinsam mit der Witwe Clicquot das Rüttelpult und die Remuage einführte). Müller hatte kurz zuvor eine Dame mit dem prominenten Namen Ruinart geheiratet und war zuvor viele Jahre als äußerst fähiger und engagierter Kellermeister im Hause Clicquot tätig. Müller war sehr geschäftstüchtig und warb in den wichtigsten Märkten erfolgreich für seinen Champagner.

ImageJacob Bollinger diente ihm in der folgenden Zeit sieben Jahre lang äußerst erfolgreich als Handelsvertreter in Deutschland. Wie Admiral Graf von Villermont in Verbindung mit Jacob Bollinger geriet, ist nicht eindeutig überliefert. De Villermont erkannte jedoch das Talent und die Erfahrung des noch jungen Bollinger. Gleichzeitig hatte der Graf enorme Wein-Ressourcen, ohne sie jedoch als Adeliger im Handel optimal ausschöpfen zu können. Daher gründete er 1829 zusammen mit Jacob Bollinger und Paul Renaudin (einem weiteren, ehemaligen Handelsverteter der Firma Müller-Ruinart) eine Firma. Eine wichtige Bedingung des Grafen war dabei, dass nirgendwo im Handel sein adliger Name erscheinen durfte. Paul Renaudin verließ die junge Firma wenige Jahre später.

Zwischenzeitlich wurde Jacob Bollinger als Jacques Bollinger bekannt und setzte den Handel der Weine des Grafen erfolgreich fort. 1837 heiratete er die 20jährige Mlle. Louise-Charlotte de Villermont, Tochter des Grafen de Villermont. Der Autor Cyril Ray merkt an, dass Jacques Bollinger später öfters auch als Bollinger de Villermont bezeichnet wurde. 1854 wurde der Deutsche Jacob (Jacques) Bollinger offiziell durch Einbürgerung Franzose. Er erweiterte den Grundbesitz des Grafen mit neuen Weinbergen um Verzenay. Jacques und Louise-Charlotte Bollinger hatten eine Tochter (Marie) und zwei Söhne (Joseph und Georges). Die Söhne Joseph und Georges leiteten das Unternehmen erfolgreich weiter und erwarben zusätzliche Weinberge um Bouzy, Louvois, Tauxieres und Verzenay. Zudem wurde zu ihrer Zeit das Haus Bollinger als offizieller Lieferant des königlichen Hofes in England geehrt.

Image1909 bis 1911 waren Jahre tiefsten Unmutes unter den Winzern der Champagne. Zum einen kam es zum Aufstand der Winzer in der Region der Aube, wo nach einem Erlass (délimitation) den dortigen Winzern die Zugehörigkeit zur Champagne abgesprochen werden sollte. Zum anderen stellten 1909 und 1910 zwei äußerst schlechte Jahrgänge für die Winzer dar. Die Unzufriedenheit vieler Winzer wurde zusätzlich durch die Einfuhr billiger, fremder Weine aus anderen Regionen Europas durch manche skrupellose Häuser in der Champagne geschürt. Letztlich gipfelte die berechtigte Empörung der Winzer am 12. April 1911 in einem großen Aufstand. Weder die königlichen Dragoner noch Truppen aus Reims konnten den wütenden Weinbauern Einhalt gebieten. In blinder Wut fielen sie auch über die Stadt Aÿ her und zerstörten nicht nur skrupellose, geldgierige Häuser, sondern auch viele rechtschaffene. Um das Haus Bollinger herum wüteten die Weinbauern, angesehene Champagner-Häuser standen in Flammen, und große Bestände von Wein wurden auf den Strassen ausgekippt. Bemerkenswerterweise wurde das Haus Bollinger jedoch von der wütenden Masse verschont und blieb völlig unversehrt. Selbst in ihrer Wut respektierten die Weinbauern die traditionsreiche und altehrwürdige Ethik des Hauses Bollinger.

Ein weiterer Jacques Bollinger, der Enkel des ursprünglichen, legendären Jacques Bollinger, übernahm 1918 die Leitung des Unternehmens. Im Alter von 24 Jahren hatte er gerade seinen Dienst in der französischen Luftwaffe beendet und war mit mehreren Orden für seine Tapferkeit im Ersten Weltkrieg ausgezeichnet worden (Légion d’Honneur und dem Croix de Guerre mit Palmen). Er widmete sich gewissenhaft dem Wiederaufbau, der Pflege und der Erweiterung der Weinberge des Hauses Bollinger. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde er wieder in den Dienst der französischen Luftwaffe berufen, war jedoch gesundheitlich sehr angeschlagen. Während der deutschen Besatzung war Jacques Bollinger Bürgermeister von Aÿ. Dieses ohnehin fordernde Amt war während der Besatzung zweifellos besonders hart für diesen bemerkenswerten Mann, dessen Gesundheit sich zusehends verschlechterte. Er starb 1941 im Alter von nur 47 Jahren. Es war sein letzter Wunsch, dass seine Frau, Elisabeth (‚Lily‘) Bollinger (1899-1977), das Unternehmen nach seinem Tod weiterführen sollte.

Elisabeth (‚Lily‘) de Lauriston-Boubers stammte aus einer wohlhabenden, adligen Familie (verwandt mit dem Marquis de Boubers). Ihr Vater Oliver de Lauriston-Boubers war ein Offizier in der Kavallerie. 1923 heiratete sie Jacques Bollinger. Nach Jahren gemeinsamer Arbeit im Hause Bollinger endete die kinderlose Ehe 1941 mit dem frühen Tod von Jacques.

Die Witwe Lily Bollinger übernahm die Zügel des Unternehmens während der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht. Die Wehrmacht beschlagnahmte nicht nur das Gebäude des Hauses Bollinger, sondern im gleichen Zuge auch 178.000 Flaschen des vorrätigen Champagners. Champagner wurde trotz der schwierigen Umstände weiter produziert. Da Benzin seinerzeit sehr knapp war, schwang sich die fleißige junge Witwe täglich unverdrossen in den Sattel ihres Fahrrads und radelte zur Arbeit in ihre Weinberge.

Es war auch der Wunsch der Wehrmacht, dass das Gewerbe weitergeführt werden sollte. Es mangelte jedoch kriegsbedingt erheblich an Arbeitskraft. Somit gelang es dem Hause Bollinger, die Wehrmacht zu überzeugen, dass viele ihrer ehemaligen Angestellten aus deutscher Gefangenschaft zur Wiederaufnahme der Arbeit in den Weinbergen befreit werden müssten. Am 22. August 1944 befreite die amerikanische ‚3rd Army‘ unter General Patton die Gegend um das Haus Bollinger. Nach Kriegsende begann die ‚Witwe Lily‘, abgelegene Weinberge gegen andere, näher gelegene zu tauschen und weitere Weinberge in ihrer Gegend strategisch aufzukaufen (um Ay, Mutigny, Grauves 1955 und 1968, wie auch um Bisseuil 1961). Gleichzeitig forcierte sie das Marketing und verdoppelte den Umsatz des Hauses. Am englischen Königshof wurde Bollinger unter George VI und Queen Elizabeth II der offizielle Haus-Champagner. Auch ‚Agent 007‘, der berühmte (nicht ganz!) fiktive Charmeur und Held James Bond, trinkt Bollinger Champagner. 1976 verlieh der französische Staat den Orden Ordre National du Merit (Nationale Verdienst-Orden) an Lily Bollinger. Trotz großen Erfolgs und zahllosen internationalen Ehrungen blieb Lily bescheiden und radelte weiterhin bis hin ins hohe Alter unermüdlich auf dem Fahrrad durch ihre Weinberge. 1971 übertrug sie die Leitung des Unternehmens auf ihren Neffen Claude d’Hautefeuille und starb 1977 im Alter von 78 Jahren.

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Claude d’Hautfeuille (1913-2000), Schwiegersohn der Madame Therese de Valbray (Schwester der Madame ‚Lily‘ Bollinger), modernisierte das Unternehmen und kaufte weitere Weinberge um Champvoisy auf. Gleichzeitig förderte er die internationale Entwicklung der Marke Bollinger.

Image1978 bis 1994 leitete Christian Bizot (1928-2002), Sohn der jüngeren Schwester der Witwe Lily Bolliger (Guillemette Bizot) und sechster Präsident des Hauses Bollinger, die Geschicke des Unternehmens. Christian Bizot wurde 1952 im Alter von 24 Jahren in der Firma Bollinger tätig. Bizot galt nicht nur als besonders erfahren in der Bereitung bester Champagner, sondern entwickelte darüber hinaus zusätzliche Besonderheiten wie z.B. die bemerkenswerten R.D. Champagner (siehe oben). Er lehnte ‚praktische Kompromisse‘ (Quantität statt Qualität) des Kommerzes strikt ab und konzentrierte sich ausschliesslich auf Qualität und Individualität seines Champagners.

Anfang der 90er Jahre, als Champagner qualitativ mehr und mehr in die Kritik geriet, war es Bizot, der 1992 die ‚Charta der Ethik und Qualität‘ ins Leben rief. Als ein Statement der ohnehin traditionellen Ehrlichkeit und Offenheit des Hauses Bollinger unterstrich er dieses Credo beispielsweise mit dem Anbringen eines Etikettes mit stichhaltigen Informationen auf allen Bollinger-Champagnern ohne Jahrgang (Special Cuvée). Dies bewirkte eine absolute Transparenz, denn nun konnte jeder sehen, welche Rebsorten im Verschnitt genutzt wurden oder ob der Verschnitt lange genug gelagert wurde. Dies sind wichtige Daten, die bei vielen anderen Champagnern oft im Dunkeln bleiben.

Die Charta der Ethik und Qualität besagt sinngemäß:

*Der Name Bollinger wird nur von jenen Weinen getragen, welche auch vom Hause Bollinger gekeltert wurden.
* 70% der Reben stammen aus eigenen Weinbergen.
* Das Haus Bollinger nutzt primär den Ertrag der ersten Pressung (Cuvée) für die Herstellung seiner Champagner (zeitweilige Ausnahmen sind lediglich bei besonderes hochwertigen Jahrgängen der Chardonnay-Rebe erlaubt, wo auch die Taille zur Herstellung verwendet werden kann).
* Jedes Cru, wie auch jede vertretene Rebsorte im Cru, wird bei der ersten Gärung beachtet.
* Die erste Gärung der Reserveweine wie auch die Weine, welche als Grande Année bestimmt sind, werden in Eichenfässern ausgebaut.
* Bollinger-Verschnitte entstehen vorwiegend aus Trauben aus Grand Cru und Premier Cru Lagen. Das „vorwiegend“ bedeutet konkret: 100% beim Grande Année Champagner und 80% beim Special Cuvée. * Verschnitte bestehen primär aus Pinot-Noir. Beim Grande Année ca. 65%, bei Special Cuvée ca.60%.
* Reserveweine werden in Magnum-Flaschen gelagert. Die Lagerung in den Flaschen setzt zudem Naturkorken voraus.
* Vor dem Degorgieren müssen Bollinger Special Cuvée Champagner mindestens drei Jahre auf der Hefe ruhen. Jahrgangs-Champagner (Grande Année) setzen mindestens fünf Jahre Lagerung auf der Hefe voraus. Der R.D. Champagner bedarf mindestens acht Jahre dieser Art von Lagerung.
Nach dem Degorgieren muss der Champagner mindestens drei Monate ruhen, ehe er ausgeliefert werden darf.

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Etikett auf der Rückseite eines Bollinger Special Cuvée aus dem amerikanischen Markt mit entsprechenden Hinweisen aus der Charta, wie sie sich auf diesen bestimmten Champagner beziehen.

Christian Bizot hat bewiesen, dass bedingungslose Qualität und Traditionsbewusstsein sich auch heute noch bei großen Unternehmen erfolgreich durchsetzen lassen. Es ist daher kein Wunder, dass Christian Bizot auch nach seinem Tod von zahllosen Winzern und Champagner-Fans weltweit zutiefst verehrt wird.

Damit wären wir beim siebten Präsidenten des Hauses Bollinger angelangt: Ghislain de Montgolfier ist ebenfalls ein Neffe der Witwe ‚Lily Bollinger‘. 1969/70 fungierte er als assistierender Direktor der Weinberge des Hauses Bollinger. 1994 wurde er zum Präsidenten des Hauses Bollinger ernannt und führt bis zum heutigen Tage das Haus Bollinger gemäß seiner alten Tradition weiter.

 

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